RegieJetzt! 10 Punkte für die Regie

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Stellungnahme
In diesen 10 Punkten definiert der BVR die kreativen und sachlichen Aufgaben der Regie und beschreibt Forderungen und Vorschläge für praxisgerechte Bedingungen. RegieJetzt! befreit Kreativität, zeigt neue Wege für neue Bildwelten und Erzählhaltungen.

Gute Filme brauchen die Kraft der Regie. Auf der Grundlage eines Drehbuches erschaffen wir Regisseur:innen eine Welt aus Bild und Ton. Wir formen aus vielen künstlerischen Einzelleistungen ein Ganzes. Wir sind die zentralen Urheber eines Filmwerks. Wir tragen die künstlerische Verantwortung, uns obliegt deshalb die Leitung aller notwendigen künstlerischen Prozesse.
Aus dieser Verantwortung heraus bestehen wir darauf, dass das Filmemachen frei von jeder politischen Einflussnahme ist und bleibt.

 

1. Nur Mut macht Neues

Ohne mutige, innovative Projekte in TV, Stream oder Kino, ohne Etats für Development und kreative Freiheit für alle Filmschaffenden wird die deutsche Film- und Fernsehproduktion im internationalen Vergleich abgehängt, werden wir es nicht schaffen, den aktuellen Umbruch in der Branche zu bewältigen.


RegieJetzt! fordert:

• Fördert Autonomie und Verantwortlichkeit der Regiearbeit
• Mehr Genre-Vielfalt
• Freiheit für das Inszenieren von außergewöhnlichen Stoffen und Blickwinkeln
• Übergeordnete inhaltliche Gespräche zwischen Regie und Sendern, Drehbuch und Produzent:innen
• Ein quotenfreier Abend in der Woche
• Fördert Regiekarrieren
• Fördert Drehbuchkarrieren

 

2. Schluss mit dem Kontrollwahnsinn

Statt auf Talent, Expertise, künstlerischer Freiheit und Wagemut zu vertrauen, herrscht frei flottierender Kontrollwahn.
Ermöglicht uns endlich so zu arbeiten, wie es für die Erstellung eines Filmwerks notwendig ist.

 

RegieJetzt! fordert:

• Vertrauen in die Arbeit der Regie
• Respekt und künstlerische Freiheit
• Schluss mit Kontrollwahn und Micromanagement
• Hoheit über die eigene Arbeit
• Freiheit für die gestalterischen Belange des Films
• Teilhabe der Regie bei der Entstehung von Stoffen und Geschichten
• Vertrauensschutz von Muster- und Rohschnittsichtungen
• Vertrauensschutz von Schnitt und Schnittabnahme
• Vertrauensschutz der Inszenierungsarbeit in Leseproben

 

3. Zeit ist Qualität

Die Anzahl der Drehtage und -stunden hat sich in den letzten 20 Jahren um mindestens 25% reduziert. Die Art und Weise, wie
Regisseurinnen und Regisseure in Deutschland bei ihrer Arbeit inhaltlich, zeitlich und finanziell unter Druck gesetzt werden, hat
ein Maß erreicht, das nicht mehr hinnehmbar ist. Fragen nach inszenatorischen Möglichkeiten und künstlerischer Expertise, den Rahmenbedingungen der Arbeit oder dem Etat und Budgetrealismus werden so gut wie nicht beantwortet.

 

RegieJetzt! fordert:

• Etatrealismus bei Stoffen und Drehbüchern - kein „one size fits all“
• Längere Vorbereitungs-, Schnitt- und Postproduktionszeiten für alle Genres
• Deutlich mehr Drehtage für alle Formate
• Bezahlte Überstunden über die 10. Stunde hinaus
• Kein 365 / 24 / 7
• Ganze Wochenenden (48 +11 Stunden)
• Professionelle Arbeitsbedingungen und gesicherte Sets

 

4. Das Geld gehört vor die Kamera

Deutschland hat mit die finanzstärksten Sender und Fördereinrichtungen der Welt – und oft die niedrigsten Budgets im Bereich der fiktionalen und dokumentarischen Erzählformen, weil ein irrwitziger Verwaltungsmoloch die Mittel frisst. Hier muss es zu einer radikalen Umkehr kommen. Wir werden mit allen Beteiligten zusammenarbeiten, um dieses Ziel zu erreichen. Nur eines rettet die Sender wie das Kino: Gute Filme.

 

RegieJetzt! fordert:

• Schnellere und schlankere Verwaltungs- und Redaktionsstrukturen, das europäische Ausland macht es vor
• Reformierung der Senderetats mit Auslagerung der Altersvorsorge
• Rückkehr zu einer föderalen Sender- und Redaktionsarbeit
• Höhere Budgets für alle Formen und Formate des filmischen Erzählens
• Urheber:innen und damit gestalterische Kompetenz in die Rundfunkräte
• Entbürokratisierung von Kinoförderung, es gibt zu viele Reibungsverluste

 

5. Mehr Kinofilm

Kinofilm muss neben Theater, Oper und Musik als eigene Kunstform von den Fördereinrichtungen anerkannt werden und braucht Förderung jenseits von wirtschaftlichen Aspekten. Wir brauchen eine Grunderneuerung des gesamten Filmfördersystems!
Wir brauchen eine Filmförderung, die Regisseurinnen und Regisseuren ermöglicht, von der Idee bis zur Auswertung an einem Kinofilmprojekt zu arbeiten. Ein System, das Filmemacher darin unterstützt, ihren Beruf professionell ausüben zu können, ohne dabei auf der Strecke zu bleiben, weder finanziell noch ideell. Wir wollen wieder Teil des europäischen Kinos sein.

 

RegieJetzt! fordert:

• Film ist eine eigenständige Kunstform und muss mit einem eigenen Budget gefördert werden
• Mehr Chancen für neue Projekte und Projektarten
• Erneuerung des Film-Fernseh-Rahmenabkommens
• Förderung der Vielfalt der Produktionslandschaft
• Verstärkte Förderung der Stoff- und Projektentwicklung
• Klares Bekenntnis von Sendern & Plattformen zum Kinofilm
• Deutsche Kinofilme zur Hauptsendezeit im Hauptprogramm
• Ein Wochentag mit freiem Eintritt für deutsche Kinofilme
• Referenzmittelförderung für Regie und Drehbuch

 

6. Sicherheit im Recht

Tausende Nutzungen, wenig Vergütung. Wo bleibt die wirkliche Teilhabe an den Erlösen unserer Filme? Wir wünschen uns ein
Bekenntnis der Sender und Verwerter zum Urheberrecht in allen Aspekten und eine klare Absage an CC-Lizenzen.

 

RegieJetzt! fordert:

• Weg mit der diskriminierenden Rechteübertragung nach § 89.2 UrhG. Das ist die Regelung, die die Übertragung aller Rechte an die Produktion erzwingt
• Beteiligung an allen Erlösen aus den kommerziellen Verwertungen der Filmwerke
• Ein Rechtsrahmen nach europäischem Vorbild
• Anerkennung des Urheberpersönlichkeitsrechts
• Titel und Nennung in allen Vorankündigungen

 

7. Regie und Buch gehören zusammen

Drehbuchautor:innen weisen zurecht darauf hin, dass ihnen ihre Arbeit immer wieder unkontrolliert aus der Hand genommen
wird. Auch von der Regie. Das ist ein ungeregelter Zustand, der eine Form, aber auch Verpflichtung braucht. Von allen Beteiligten: Redaktion/Auftraggeber:innen, Produktion, Regie und Drehbuch.

 

RegieJetzt! fordert:

• Frühe Einbindung in die Drehbuchentwicklung
• Regie tauscht sich mit Drehbuch aus, hört zu, kommentiert, respektiert
• Das Drehbuch ist zu Beginn der Vorbereitungszeit fertig und abgenommen
• Regie richtet das Drehbuch ein
• Entsteht im Rahmen der Vorbereitung oder beim Drehen die Notwendigkeit zu Anpassungen, hat die Regie Entscheidungshoheit
• Wer die Bearbeitung eines Drehbuchs in die Hände der Regie legen will, ist verpflichtet, diese Arbeit gesondert vertraglich zu   regeln und zu vergüten
• Regie redet mit den Autore:innen, um zu klären, was die Ursachen von Konfliktfällen waren oder sind

 

8. Diversität und Inklusion

Wir stellen uns der Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Herkunft und Alter entgegen. Diversität und Inklusion und den damit verbundenen Wandel zu mehr gleichberechtigter Teilhabe verstehen wir in unserer Arbeit als Selbstverständlichkeit.

Wir fordern, dass sich Diversität als gesellschaftliche Realität auf allen Ebenen abbildet.

 

RegieJetzt! fordert:

• Transparenz und Nachvollziehbarkeit der inhaltlichen Kriterien in Bezug auf Figurenhintergründe und -zeichnungen in den Geschichten
• Diversität auch bei den Entscheidungsträger:innen und in den Gremien
• Diversität bei allen Beteiligten vor und hinter der Kamera
• Diversität auch bei den Produzent:innen
• Diversität in den Redaktionen und den Redaktionsleitungen, in den Programmleitungen und Intendanzen
• Diversität in den Rundfunkräten und in der KEF

 

9. Kein Alter aussondern und Nachwuchs verheizen

Die Jungen stehen unter dem Druck des Gagendumping und erfahren den kompletten Kontrollwahn - die Älteren werden auf Ansage kaltgestellt. Hier spielen die Sender unter dem Begriff Diversität die Regisseur:innen gegeneinander aus, um neue, möglichst niedrige Branchenstandards einzuführen. Das ist Diversität als Alibi, denn eigentlich geht es nur ums Geld. Wir stehen für gleichberechtigte Teilhabe und ein faires Miteinander der Generationen.

 

RegieJetzt! fordert:

• Transparenz und Fairness bei der Auftragsvergabe
• Gleiche Produktionsstandards für junge wie alte Kolleg:innen
• Gleicher Rechtsrahmen für Nachwuchskolleginnen und -kollegen
• Kein Verheizen der Jungen
• Rechtsschutz für den Nachwuchs - Kein Lohndumping

 

Wir empfehlen allen Neu- und Quereinsteigern dringend die Mitgliedschaft im Bundesverband Regie e.V.

 

10. Kein Film ohne Regie

Die Regisseurinnen und Regisseure des BVR unterstützen die in diesem Katalog aufgestellten Forderungen und werden sie in ihre tägliche Arbeit einfließen lassen. Sie verpflichten sich dazu, die Regeln von Respekt und Erfüllung ihrer Leistungs-anforderungen in konstruktiver Zusammenarbeit zu gewährleisten.

Wer Regie bestellt, wird Regie bekommen. In Leistung, in gutem Rat, in Expertise zum Drehbuch, in der Vorbereitung, bei der Durchführung des Drehs, im Schnitt, in der Mischung bis zum fertigen Film. Regie kommuniziert dabei, stellt vor, bespricht, argumentiert, stellt sich in Abnahmen.

 

Wir wollen den bestmöglichen Film!

 

Die Regisseur:innen des BVR


Berlin, den 2.2.2023